Gesundheit – Krebs
Hirntumoren sind Wucherungen von Zellen im Gehirn. Sie zählen zu den seltenen Tumorerkrankungen. 1.5% aller Krebsneuerkrankungen entfallen auf Hirntumoren und Tumoren des Rückenmarks. Sowohl Erwachsene als auch Kinder können betroffen sein. Je nach Zelltyp und Tumorart werden die Tumoren in verschiedene Typen klassifiziert sowie nach Gradierung (von gutartig bis äusserst bösartig) unterschieden. Die zwei wichtigsten Gruppen sind
- Gliome (Hirngewebstumoren; Bild rechts oben)
- Meningeome (Hirnhauttumoren; Bild rechts unten)
In Studien über einen möglichen Zusammenhang zwischen Mobiltelefonnutzung und Krebsrisiko wird häufig auch das eher seltene Akustikusneurinom, ein gutartiger Tumor des Bindegewebes des Hörnervs, untersucht. Die Ursachen der Hirntumoren sind noch weitgehend unbekannt. Vermutlich handelt es sich um eine Kombination von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen.
Der Einfluss elektromagnetischer Felder
Beim Telefonieren mit dem Handy ist der Kopf verstärkt hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, die von der Mobiltelefonantenne stammen, ausgesetzt. Daher interessiert, ob die Handynutzung das Risiko, an einem Tumor im Kopfbereich zu erkranken, verändert (erhöht). In einer grossen, internationalen Studie (sog. Interphone-Studie) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben Forscher analysiert, ob die an einem Hirntumor erkrankten Menschen (nur Erwachsene) das Telefon in der Vergangenheit intensiver nutzten als gesunde Kontrollpersonen. Falls ja, könnte die Handynutzung als möglicher Risikofaktor gedeutet werden.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen:
- Handynutzung (auch langzeitig bis 12 Jahre) hängt insgesamt nicht mit einem erhöhten Krankheitsrisiko für Hirntumore zusammen.
- Für Telefonnutzer mit dem höchsten Telefonkonsum wurde aber ein erhöhtes Risiko errechnet. Die Daten sind jedoch nicht sehr robust (wenige Fälle), so dass noch keine abschliessende Klarheit herrscht.
- Es kann noch keine zuverlässige Aussage über allfällige Effekte von Telefonnutzungen über 10-12 Jahre hinaus und/oder über sehr intensiven Telefongebrauch gemacht werden.
Eine neue internationale Untersuchung unter der Federführung der Universität Basel (sog. CEFALO-Studie) zeigte, dass die oben dargestellten Befunde auch für Kinder und Jugendliche zutreffen.
Im Bereich niederfrequenter Felder konnte bisher kein Zusammenhang zwischen häuslicher oder beruflicher Belastung und Hirntumorrisiko nachgewiesen werden, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen. Die Resultate sind uneinheitlich, weisen aber insgesamt nicht auf ein erhöhtes Hirntumorrisiko hin. Eine Auffälligkeit gilt es jedoch zu erwähnen: Bei starker beruflicher Exposition finden sich in einigen Studien kleine erhöhte Risiken (10–20%), die in Unteranalysen teilweise statistisch signifikant sind.
Schlussfolgerung
Ein wissenschaftlicher Nachweis, dass elektromagnetische Felder das Hirntumorrisiko erhöhen, konnte bislang nicht erbracht werden. Es besteht aber der Verdacht, dass die langfristige Nutzung von Mobiltelefonen das Risiko an einem Hirntumor zu erkranken, erhöhen könnte. Aus Vorsorgesicht wird empfohlen, die Strahlenbelastung durch Mobiltelefone niedrig zu halten, etwa durch Verwendung eines Headsets.
Ausgewählte Literatur (Übersichtsarbeiten)
Übersicht 2019 zu Mobilfunk und Hirntumoren
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